Das Jahr 2018: Nachdem in Italien das Brunnenbohrgerät durch David Shillinglaw farbenfroh gestaltet wurde, hat es noch einen langen Weg vor sich. Denn wie bekommt man so ein großen Gerät überhaupt von Italien bis nach Äthiopien? Glücklicherweise konnte der Rig via Containerschiff durch den Suez-Kanal bis an das Horn Afrikas nach Dschibouti verschifft werden. Die Weiterreise von John’s Rig bis nach Äthiopien verzögert sich noch etwas. Dort hing es nämlich aufgrund von Zollformalitäten eine Weile fest. Dann wurden schließlich auch Themen wie die äthiopische StVO geklärt und John’s Rig konnte aufbrechen. Endlich bohrt John’s Rig in Amhara Brunnen.
Aber es fehlte nun noch jemand, der dieses riesige, bunte Bohrgerät steuern und benutzen kann. Hier kommt Chiefdriller Melkie ins Spiel, der seit 2018 die Bohrungen am Rig übernimmt. Neben den Bohrungen von Flach- und Tiefbrunnen geht es bei dem Projekt aber auch um Quelleinfassungen und dem Bau von Toiletten. Denn auch bei diesem Wasserprojekt wenden Viva con Agua und die Partner-Organisationen einen ganzheitlicher Ansatz an. Zusätzlich wird als Parallelprojekt der System Strenghtening Ansatz implementiert. Aber dazu in späteren Blogartikeln mehr. Nachdem der erste Bohrstandort festgelegt wurde, konnte es endlich losgehen. Aber wie funktioniert eigentlich so eine Brunnenbohrung mit so einem großen Gerät? Und vor allem: Wie schafft man es so tief zu bohren, dass ein 100m tiefer Brunnen entstehen kann?
Chiefdriller Melkie und die Brunnenbohrung
Obwohl seine Jobbezeichnung nach Haudegen klingt, ist der 50-Jährige Melkie ein eher schüchterner und sanftmütiger Typ. Um uns die Prozesse zu zeigen, nimmt er uns mit auf eine Brunnenbohrung. Er klettert auf das seitliche Podest des Rigs und öffnet mit einem lauten Knarzen den Deckel zur Schalttafel. Von hier aus steuert er die gesamte Maschine.
Mit viel Ruhe und Geduld erklärt er den Bohrprozess: „Das sind die Stabilisatoren. Sie stellen sicher, dass die Bohrung gerade verläuft.“ Er zeigt auf die Unterseite des Rigs. An vier Stellen werden Füße ausgefahren, die das Gerät über dem Boden horizontal ausrichten. „Als nächstes starten wir die Motoren, damit sie für die Bohrung warmlaufen können.“ Der gesamte Rig vibriert und erwacht laut knatternd zum Leben. Die Bohrung beginnt. „Mit diesem Knopf kippe ich den Ausleger nach oben, damit die Bohrstange und der Bohrkopf befestigt werden können“, erklärt Melkie. Der Bohrkopf, der sogenannte Meißel, besteht aus drei nebeneinander liegenden Rollen, die mit Metallnoppen versehen sind. Durch die Rotation und den Druck bohrt sich das Metall wie Butter durch das Deckgestein und das härtere, tiefliegende Grundgestein.
Es geht tief hinab!
Und wie kommt man jetzt bis zum Grundwasser, wenn der Ausleger nur rund 15 Meter lang ist? Melkie zeigt auf die Rohre am Boden. Insgesamt haben sie sechs Bohrrohre dabei, die jeweils zehn Meter lang sind. „Zuerst bohren wir ein Rohr zehn Meter tief in die Erde. Danach stabilisieren wir es in der Erde“, sagt Melkie. „Dann fährt der Ausleger wieder nach oben und das zweite Rohr wird daran befestigt. Das erste Rohr im Boden und das zweite Rohr am Ausleger werden miteinander verschraubt, sodass die Bohrstange jetzt 20 Meter lang ist und tiefer in die Erde gebohrt werden kann. Das wird mehrmals wiederholt. Sind alle Rohre ineinander gesteckt, erreicht der Bohrer eine Tiefe von bis zu 60 Meter.“
Auf dem Weg nach unten liegt allerdings einiges im Weg. Wohin mit der ganzen Erde und dem Gestein? Ab nach oben! Und wie? „Mit Wasser und Luftdruck. John’s Rig hat zwei Motoren: ein Hydraulikmotor und einen Kompressor. Sie schießen während des Bohrvorgangs Wasser aus einem Wassertank und Luft durch das Bohrrohr nach unten. Der Druck befördert das aufgeweichte Material an der Außenseite des Bohrrohrs entlang nach oben. Es sprudelt an der Oberfläche hervor. „Der Matsch, der beim Bohrvorgang an die Oberfläche spritzt, ist also noch kein Grundwasser. Stattdessen besteht er aus aufgeweichten Trümmern, die auf dem Weg nach unten aus dem Weg geräumt werden. Ein Gehäuse wird um das Bohrrohr in die Erde eingelassen damit das Bohrloch nicht kollabiert. Lehm stabilisiert die Seitenwände.
Das Wasser bahnt sich den Weg nach oben
Und dann passiert es: In einer großen Fontäne sprießt das Wasser fontänenartig aus dem Bohrloch. John’s Rig ist auf Grundwasser gestoßen. Das ist nicht immer der Fall, denn trotz genauer Vorabmessungen, können Bohrungen auch fehlschlagen oder das Bohrloch kollabieren. Doch dieses Mal klappt alles. Der Bohrer kann nun wieder entfernt werden. In das Gehäuse werden Kunststoffrohre eingelassen, bis sie das Grundwasser erreichen. Nun geht es noch um die Installation der Pumpe und dann können Menschen auf sauberes Trinkwasser zugreifen!
Was passiert als nächstes?
Die Brunnenbohrung selber kann ganz unterschiedlich lang dauern. Je nach Tiefe des Brunnens oder geographischen Gegebeneheiten kann es zwischen einer Woche und einem Monat dauern. Das gilt ausschließlich für die reine Vorbereitungs- und Bohrzeit. Die Länge von einem Monat bezieht sich dabei auf einen Tiefbrunnen.
Nach der ersten Bohrung im Frühjahr 2018 reist der Rig und das Team um Melkie durch die Gojam Region und bohrt Brunnen um Brunnen. Nicht jede Bohrung ist immer ein Erfolg, aber trotzdem schaffen sie es in den kommenden 3 Jahren etliche Brunnen zu bohren. Eine Karte zeigt, welche Art von Brunnen zu welchem Zeitpunkt erschlossen wurde und wie viele Menschen von ihm profitieren.
Die ersten 2 Jahre läuft rund um Johns Rig ziemlich alles nach Plan. Natürlich werden dabei Learnings, Monitoring und Anpassungen vorgenommen. Dass das Projekt so erfolgreich abläuft, nötigt einen riesigen Respekt an alle Beteiligten ab. Denn besonders in den Folgenjahren gab es immer wieder Probleme und Herausforderungen. Diese galt es zu bewältigen. Darüber erfahrt ihr im kommenden Blogartikel mehr. Keep it Drilling!
Ihr wollt, dass Melkie mit seinem Team und John’s Rig auch weiterhin so erfolgreich in Amhara und Äthiopien Brunnen bohrt?
Unterstützt Viva con Agua und John’s Rig mit einer Spende!