Die UN Water Conference. Eine Chance um einen historischen Moment für Wasser zu schaffen. Denn deutlich über 6000 Menschen aus der ganzen Welt sind in New York zusammengekommen, um gemeinsam dem Thema Wasser die Aufmerksamkeit zu schenken die es verdient – und das in dieser Form zum ersten Mal seit knapp 50 Jahren. Die letzte UN Water Conference wurde 1977 veranstaltet. Ist about time!
Viva con Agua-Initiator Benjamin Adrion war mit uns auf der UN Water Conference. Hier zieht er ein erstes Fazit der 3 tägigen Konferenz im UN Headquarter in New York.
Ganz ehrlich: Mein Fazit dazu fällt gemischt aus.
Wasser ist die Grundlage allen Lebens. Darum ist es gut, dass nach fast einem halben Jahrhundert wieder eine Konferenz zum Thema Wasser auf dieser Ebene stattfinden konnte. Es war aber auch höchste Zeit. Denn es fehlen geeignete Möglichkeiten, um dieses globale Thema mit der entsprechenden Priorität zu besprechen. Diese Konferenz war eine Möglichkeit dies nachzuholen, kann dabei aber nur ein Startschuss gewesen sein. Denn Berechnungen legen nahe, dass die globale Wassernachfrage im Jahr 2030 um mindestens 40 Prozent über dem Wasserangebot liegen wird.
Der Vorteil wenn viele Menschen zusammenkommen, die sich intensiv mit einem Thema beschäftigen ist klar: Verschiedene Sichtweisen und Expertisen treffen aufeinander, es wird diskutiert, die Dimension und Komplexität des Themas Wasser wird greifbar. Die Konferenz war ein wichtiger Impuls zur internationalen und multilateralen Vernetzung von StakeholderInnen in dem Feld und hat dazu beigetragen, dass der politische, zivilgesellschaftliche und wissenschaftliche Austausch angeregt worden ist.
Die UN Water Conference – ein Startschuss und Aufmerksamkeit
Dennoch ist die Konferenz hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben. Die Eröffnung durch UN Generalsekretär Guterres setzte ein Statement und suggerierte Dringlichkeit, Wichtigkeit und Bedeutung des Anlasses. Das Ende der Konferenz erfüllt nicht die Erwartungen von allen.
Multilaterale Commitments der Weltgemeinschaft oder gar konkrete Beschlüsse zu Maßnahmen sind nach dieser Konferenz nicht zu erwarten. Vielmehr agiert der gesamte Wassersektor noch relativ unkoordiniert. Zwar haben AkteurInnen – darunter wir als Viva con Agua – im Vorfeld freiwillige Commitments und Ambitionen verkündet. Doch dieses schafft noch keinen gemeinsamen Prozess für zukünftiges Handeln und das Überprüfen der Ankündigungen, sondern vielmehr Willensbekundungen.
In Gesprächen mit anderen Teilnehmenden kam immer wieder die Sorge zum Ausdruck, dass diese Unverbindlichkeit dem Thema Wasser und seiner existenziellen Bedeutung für Leben auf unserem Planeten nicht gerecht wird. Denn wir brauchen klare Bekenntnisse und Taten um die globale Wassersituation langfristig positiv zu gestalten. #wateraction wird gebraucht!
Natürlich sorgt die Konferenz für größere Aufmerksamkeit. Doch muss uns klar sein: Wasser ist eines der zentralen Zukunftsthemen. Klima, Biodiversität und Wasser sind untrennbar verbunden und werden unser zukünftiges Zusammenleben bestimmen.
Ein Momentum für Wasser:
Diese Konferenz ist eine Chance. Die Chance ein globales Momentum für Wasser zu schaffen, so wie es die Pariser Klimakonferenz für das Thema Klimaschutz und -gerechtigkeit tat. Viele gute Chancen sollten wir nicht verpassen.
Wir haben im Laufe der Konferenz auch das Gefühl entwickelt, dass die UN Water Conference kein Ort war an dem alle AkteurInnen ausgewogen repräsentiert waren: Junge Menschen waren unter allen Delegierten definitiv unterrepräsentiert. VertreterInnen des Globalen Südens waren in der Unterzahl. Als Lichtblick wurden indigene Perspektiven auf Wasserökosysteme – auch jenseits von Preis und Profit – immer wieder angesprochen.
Die Wasserfamilie aus Politik, Zivilgesellschaft, Vereinen und NGOs, Social Business und WirtschaftsakteurInnen muss in den nächsten Jahren gemeinsame Zielprozesse anstoßen. Um das zu ermöglichen braucht es den Support und den Rahmen starker UN-Institutionen. Wasser muss in unserer gesellschaftlichen Wahrnehmung in den nächsten Jahren als Thema aufholen. Klaren globale Zielprozesse und verbindliche regulatorische Frameworks müssen entstehen um das Menschenrecht auf Wasser global zu erreichen.
Das Glas bleibt halbvoll
Wo Licht ist ist Schatten und auf die Ebbe folgt die Flut. Die UN Water Conference war nicht perfekt. Hat mich manchmal enttäuscht und manchmal optimistisch gestimmt. Für mich war sie eine Auftaktveranstaltung – und das obwohl es keine klare Perspektive auf eine Fortsetzung gibt, auch wenn dies viele Delegierte und RegierungsvertreterInnen in persönlichen Gesprächen befürworten. Ein UN-Sonderbeauftragter für Wasser ist nun ein erster wichtiger Schritt und positive Entwicklung im Rahmen der Konferenz und kann dabei helfen das Thema dauerhaft auf die Agenda zu setzen.
Das Thema Wasser ist ein Thema unserer Zeit und der Zukunft. Auf der UN Water Conference wurde gewarnt: Globaler Wasserstress wird durch Klimawandel, Bevölkerungswachstum, intensive landwirtschaftliche und wirtschaftliche Nutzung von Wasser und vielen weiteren Faktoren zunehmen. Lösungen hierfür sind nur im transnationalen Kollektiv denkbar, denn unser Wasserökosystem ist global und besteht aus komplexen Zusammenhängen.
Als Weltgemeinschaft sollten wir nicht in Panik verfallen, denn Panik ist ein schlechter Ratgeber. Aber wir müssen eine Schippe drauf legen in unserem Engagement, unserem Aktivismus und unserem Einsatz für „Wasser für Alle“ – “not because it is easy, but because it is hard.” (John F Kennedy).
Mir persönlich hat die Konferenz durchaus die Augen geöffnet. Ich habe viel gelernt. Ich schöpfe aus ihr neue Motivation für das Thema Wasser aktiv zu sein, mit Viva con Agua weiter Menschen zu inspirieren und zu aktivieren. Und selbst meinen Teil beizutragen, Menschen zusammenzubringen sowie die Aufmerksamkeit , Wertschätzung und – ja, einfach auch Liebe – für Wasser zu erhöhen – ich wünsche mir, dass die UN auch die Liebe zum Wasser in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen wird.